Der Aachener Journalist und Moderator Ralf Raspe erzählte zu Beginn der Auftaktveranstaltung „AugenBlick mal!“ die Geschichte eines fünfjährigen Jungen, auf die er bei der Recherche zur Vorbereitung gestoßen ist. Sie bringt das Anliegen, das die Jugendämter in der StädteRegion Aachen mit ihrer Initiative verfolgen, sehr anschaulich auf den Punkt.

Ein Vater kam spät von der Arbeit nach Hause, müde und erschöpft.

Sein fünfjähriger Sohn wartete auf ihn an der Tür: “Papa, darf ich dich etwas fragen?”

„Ja, sicher. Worum geht es denn?“ antwortete der Mann.

„Papa, wenn du arbeitest, wie viel verdienst du pro Stunde?“

„Das geht dich nichts an. Warum fragst du solche Sachen?“ sagte der Mann ärgerlich.

„Ich will es doch nur wissen. Bitte sag mir, wie viel du in der Stunde bekommst“,bettelte der kleine Junge.

„Wenn du es unbedingt wissen musst:Ich bekomme 20 Euro die Stunde.“

„Oh“, stöhnte der kleine Junge mit gesenktem Kopf. Dann sah er auf und sagte:“Papa, kann ich mir bitte zehn Euro von dir leihen?“

Der Vater explodierte:“War das der einzige Grund, zu erfahren, was ich verdiene? Nur um mir Geld abzuluchsen und damit ein dummes Spielzeug oder sonstigen Unsinn zu kaufen? Du kannst auf dein Zimmer gehen und darüber nachdenken, ob das nicht sehr egoistisch ist. Ich arbeite lang und hart jeden Tag, ich habe keine Zeit für diesen kindischen Quatsch!”

Der kleine Junge ging leise in sein Zimmer und schloss die Tür. Der Mann setzte sich vor den Fernseher und ärgerte sich weiter über den hinterhältigen Versuch seines Sohnes. Nach etwa einer Stunde hatte er sich beruhigt und begann sich zu fragen, ob er nicht überreagiert hatte. Er ging hinauf zu seinem Sohn und öffnete die Tür.

„Schläfst Du schon?“ fragte er.

„Nein, Papa. Ich bin wach.“

„Ich habe nachgedacht. Ich finde, ich war vorhin zu hart“, sagte der Mann.“Ich hatte einen langen, schwierigen Tag und ich habe meine Anspannung an dir ausgelassen. Hier sind die zehn Euro, die du haben wolltest.“

Der kleine Junge sprang vom Bett: „Oh, danke, Papa!“ schrie er. Dann holte er unter seinem Bett einen flachen Karton mit einigen Münzen darin.

Als der Mann sah, dass sein Sohn bereits einiges an Geld hatte, wurde er wieder ärgerlich: “Warum hast du mich nach Geld gefragt, wenn du doch schon welches hattest?”

„Weil ich nicht genug hatte. Aber jetzt reicht es!“ sagte der Junge.“Papa, ich habe jetzt 20 Euro. Kann ich jetzt eine Stunde Zeit bei dir kaufen?“

(Quelle: der/die Autor/in ist unbekannt; die Geschichte wurde u.a. auf dem BLOG der Augsburger Allgemeinen veröffentlicht.)