Das Netzwerk zur Stärkung und Förderung des Kinder- und Jugendschutzes in der StädteRegion bereitet eine neue Kampagne vor. Angelika Degen, Sprecherin des Netzwerks, erläutert im Gespräch, was jeder einzelne zum Schutz von Kindern und Jugendlichen tun kann.

Frau Degen, Sie sind die Sprecherin im Netzwerk zur Stärkung und Förderung des Kinder- und Jugendschutzes in der StädteRegion. Welche Idee verbirgt sich hinter diesem Netzwerk?

Das Netzwerk ist eine gemeinsame Aktion aller sieben Jugendämter in der StädteRegion Aachen, das im September 2010 mit vielen Kooperationspartnern aus Handel, Industrie, Verbänden, Vereinen, Polizei und Justiz gegründet wurde.
Der Hintergrund ist die Tatsache, dass Kinderschutz nur als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe gelingen kann. Das heißt, dass jede Bürgerin und jeder Bürger gefordert ist, hinzuschauen, hinzuhören, wo Kinder und Jugendliche in Not sind und sich einzumischen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.

Wie haben Sie in der vergangenen Zeit versucht, dies praktisch umzusetzen?

Die erste Kampagne des Netzwerks ist die Aktion  „Im Blick – Zivilcourage stärken“. Durch verschiedene Maßnahmen in der Öffentlichkeit wollten die Jugendämter sensibilisieren für Situationen, in denen sozialer Mut im Alltag gefordert ist. Das bedeutet, sich einzusetzen, wenn Schwächere, und hier insbesondere Kinder und Jugendliche, ausgegrenzt, bedroht, gemobbt werden oder Gewalt in irgendeiner Form erfahren.
Im Herbst dieses Jahres wird es zum Abschluss der Aktion „Im Blick – Zivilcourage stärken“ eine Kunstausstellung mit Werken von Baesweiler Schülern geben, die zum Thema Zivilcourage gearbeitet haben.

Das ist sicherlich eine gute Sache und man könnte denken, es ist selbstverständlich. Aber kann das für den Einzelnen nicht auch gefährlich werden?

Eingreifen und sich einmischen – ohne sich selbst zu gefährden, das ist deshalb die zentrale Botschaft. In enger Zusammenarbeit mit dem Kommissariat Vorbeugung, das zu unseren Kooperationspartnern gehört und uns bei vielen Aktionen unterstützt, sind wir mit der Aktion „Tu was“ an die Öffentlichkeit gegangen. Bei dieser Aktion werden sechs Regeln für den Ernstfall vorgestellt, wie ich helfen kann ohne mich selbst in Gefahr zu bringen.
Weitergehende Informationen hierzu sind im Netz unter www.aktion-tu-was.de zu finden. Sehr eindrucksvoll wurden diese Regeln im Theaterstück „Betti tut was“ von Jugendlichen in Szene gesetzt und an mehreren Orten in der StädteRegion mit großem Erfolg aufgeführt.

Wie wird die Arbeit des Netzwerks weiterhin aussehen?

Den Jugendämtern ist bewusst, dass Gewalt gegen Kinder nicht nur „draußen“ in der Öffentlichkeit passiert. Gewalt geschieht in den meisten Fällen in den Familien, da wo Konflikte zwischen Eltern und Kindern entstehen und Eltern überfordert sind. Überforderung kann viele Ursachen haben: die Schwierigkeiten in der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Erziehung, das mangelnde Wissen um die Entwicklung und die Bedürfnisse von Kindern, fehlende Möglichkeiten, die (vielleicht wenige) Zeit sinnvoll und für Eltern und Kinder gleichermaßen gewinnbringend miteinander zu nutzen.
Neben den vielen verschiedenen Angeboten, die es bereits in den Kommunen der Städteregion zur Stärkung von Eltern und deren Erziehungskompetenz gibt, oder auch Angeboten für Kinder und Jugendliche zur Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstbehauptung, möchten die Jugendämter ganz bewusst die gemeinsame Zeit zwischen Eltern und Kindern in den Blick nehmen.

Deshalb heißt die neue Aktion „Augenblick mal!“?

Ja genau. „Augenblick mal!“ möchte dazu beitragen, dass gemeinsame Zeit zwischen Eltern und Kindern als wertvolle Zeit gesehen wird. Dazu bedarf es nicht mehr Zeit, sondern vielmehr Ideen und Anregungen, wie auch der Augenblick für Eltern wie Kinder wertvoll und bereichernd erlebt werden kann.
Neben dem Angebot konkreter Maßnahmen soll es aber auch darum gehen, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass gemeinsame aktiv verbrachte Zeit die Eltern-Kind-Beziehung positiv beeinflussen kann. Auch hierzu sind verschiedene öffentlichkeitswirksame Aktionen in der Planung.

Was können wir in der nächsten Zeit von Seiten des Netzwerks sehen und hören?

Wie gesagt, die Vorbereitungen für „Augenblick mal!“ laufen und die Gespräche mit den Kooperationspartnern zur Umsetzung der Ideen gehen in die konkrete Planung. Erste Maßnahmen werden zeitnah starten.
Aktuelle Informationen zu den Maßnahmen des Netzwerks und zu den Ansprechpartnern in den einzelnen Kommunen gibt es auch im Netz unter www.ImBlick.info .

(Das Interview wurde am 30. September 2012 in der Zeitung „Super Sonntag“ veröffentlicht.)